fmb-1823-08-14-01
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Reinerz, 14. August 1823
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
8 beschr. S.
Felix Mendelssohn Bartholdy
-
Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
Da haben wir das Unglück! Ich fange einen schönen, ernstvollen Brief an, mache auch schon Pläne zu seiner Beendigung, „da kommt der Eugenius Lämmerhirt, ernst und kalt, faßt er des Briefes zärtliche Gestalt, und läßt ihn nach Berlin gehn, durch den Hufschlag der Pferde –, das ist das Loos des Schönen auf der Erde.“ (
Schade, Schade! Ich hätte noch erzählt, was für Grüneberger wir getrunken, wie wir in Müncheberg gutem Hirsch-, in Parchwitz gutem Hammelbraten begegnet, wie
In Breslau angekommen, lauf’ ich in schärfstem Trott, noch wohnt, und finden einen Studenten vor der Thüre, der uns sagt er sei auf ein Vierteljahr nach – Triest gereis’t.
Den folgenden Tag war ein Sonntag. Oderwasser (in Breslau ist von der Oder noch nichts zu besorgen, denn der Bober ergießt sich erst hinter Breslau in die Oder) und dann gingen wir beide nach der Maria Magdalena Kirche, wo wir müßte uns morgen auf der Orgel vorspielen. Er lachte, und sagte Ja. Nun unterhielt er sich mit ich euch im rothen Cabinette einst unterhalten will. Dann nahm er auf meine Bitte
Den Abend besuchten wir einige Vergnügungsörter der Breslauer, Scheidnich, und Liebig, und gingen dann in’s Theater, wo ein schlechtes Ballet von den
half ich bis 11 Uhr Micheln, und dann gingen wir alle zu
Somit war das Orgelconcert beschlossen, und sie sehr schön finden, dann in’s Theater; und dann zu
1) Herr
Nachdem man Thee gegeben hatte, mußte ich den Leuten Musik zu trinken geben; nach ausgehaltner Phantasia, bestanden wir ein Souper, gingen nach Hause, legten uns zu Bette, und standen am Morgen wieder daraus auf. Das Wetter war „kühl und feucht“ der Regen, der fiel, ließ nicht zu, daß wir den Zobten bestiegen, wir mußten wieder umlenken, kamen nach Frankenstein, und – – – – – –
Bis hieher Friedland, und nicht weiter,
Das Schicksal ruft „die Hand gehorcht, doch ach! daß es mein Herz nicht thut!“
Und so hätt’ ich denn einen Brief zusammengeschmiert. Nun kommen Bestellungen, Anhängsel, und dergl.
Sagt
Reinerz, d. 14. Aug. 1823. Da haben wir das Unglück! Ich fange einen schönen, ernstvollen Brief an, mache auch schon Pläne zu seiner Beendigung, „da kommt der Eugenius Lämmerhirt, ernst und kalt, faßt er des Briefes zärtliche Gestalt, und läßt ihn nach Berlin gehn, durch den Hufschlag der Pferde –, das ist das Loos des Schönen auf der Erde. “ (Wallenstein’s Tod) Schade, Schade! Ich hätte noch erzählt, was für Grüneberger wir getrunken, wie wir in Müncheberg gutem Hirsch-, in Parchwitz gutem Hammelbraten begegnet, wie Paul unter die Trommel gekrochen, wie Heinrich con grazia, ma non troppo, e fortissimo con strepito aus dem Bette gefallen ist, etc. etc., dieser ganzen Erzählung Faden hat Eugenius Lämmerhirt-Atropos abgeschnitten. – Doch ich soll ja Detail’s schreiben! Ergo – In Breslau angekommen, lauf’ ich in schärfstem Trott, Paul und einen Lohnbedienten, die alle beide etwas brummten zur Seite, im Koth, Regen, Sturm, auf dem schlechten Steinpflaster, was selbst dem Berliner nichts nachgiebt, durch enge Straßen schlechte Brücken, und das um 8 Uhr Abends, in der Dämmrung zum Dr. Stenzel. Nachdem wir in allen Logis, aus denen er ausgezogen, gewesen waren, kommen wir tandem aliquando nach dem Sandstift, wo er noch wohnt, und finden einen Studenten vor der Thüre, der uns sagt er sei auf ein Vierteljahr nach – Triest gereis’t. Paul sagte: „Ä!“, der Lohnbediente Hm!, und ich: Das ist recht eklig, und somit trabten wir wieder nach der goldnen Gans zurück. Den folgenden Tag war ein Sonntag. Heinz und ich, wir nahmen ein Bad, in Oderwasser (in Breslau ist von der Oder noch nichts zu besorgen, denn der Bober ergießt sich erst hinter Breslau in die Oder) und dann gingen wir beide nach der Maria Magdalena Kirche, wo wir Berner nicht fanden drum begaben wir uns nach St. Elisabeth, wo es aber so voll war, daß man nicht bis zur Orgel dringen konnte. Heinrich wollte vor Gewalt zur Orgel hin, und sprach in der Wuth sein Latein. Ich behielt aber mein bekanntes Phlegma, und gabelte mir einen Chorjungen auf, (der eher wie eine gebratene Lerche, als wie ein Junge aussah) ; der sagte uns Berner sei nicht in der Kirche, und führte uns, auf meine Bitte zu ihm. Wir fanden ihn zu Hause. Ich sage euch, der ist das fidelste von allen Häusern in ganz Breslau. Heinz sagte ihm, er müßte uns morgen auf der Orgel vorspielen. Er lachte, und sagte Ja. Nun unterhielt er sich mit Heinz von den vielen dummen Streichen, die sie in Compagnie verübt hatten, und von denen ich euch im rothen Cabinette einst unterhalten will. Dann nahm er auf meine Bitte Variationen auf den Jungfernkranz, die er neuerdings herausgegeben hatte, und spielte sie uns vor. Ein Ziehen im linken Arm, das ihn sehr belästigt, war wohl die Ursache, daß ihm Einiges misglückte; doch hat er auch auf dem Clavier große Fertigkeit. – Drauf mußte ich phantasiren. Den Abend besuchten wir einige Vergnügungsörter der Breslauer, Scheidnich, und Liebig, und gingen dann in’s Theater, wo ein schlechtes Ballet von den Koblers, und einigen Breslauer Tänzern gut ausgeführt wurde. (Die Einwohner loben ihr Orchester sehr. Hä, hä, glaub’s nicht .) Als wir nach Hause gingen mußte Paul sich Vater’s Spencer anziehn, in dem er eine göttliche Figur machte. Wir kamen vor einigen Leierkasten-Männern vorbei, die (ich glaube seinetwegen) sogleich ihren Posten verließen, und davonliefen. half ich bis 11 Uhr Micheln, und dann gingen wir alle zu Berner in die Kirche. Er kam. Zuerst zog er sich seinen Rock aus, und eine leichte Weste dafür an; dann mußte ich ihm ein Thema aufschreiben, und nun fing er an. Er nahm das tiefe C im Pedal, und dann stürzt er sich mit aller Macht auf’s Manual, und nach einigen Läufen fing er ein Thema auf dem Manual an; ich hatte keine Idee, daß man es auf dem Pedal spielen könne, (denn so war es: ) doch bald fiel er mit den Füßen ein, und führt es nun mit Manual und Pedal durch. Nachdem er das Thema gehörig durchgeknetet hatte, fing er das Meinige im Pedal an, führte es dann ein Weilchen durch, nahm es dann im Pedal in der Verlängerung, setzte ein schönes Contrasubject dagegen, und arbeitete die beiden Themata prächtig durch. Er hat eine ungeheure Fertigkeit auf dem Pedal. Als er geendigt, trank er einige Gläser Wein, den er sich mitgebracht, und setzte sich dann wieder auf die Orgelbank. Nun spielte er Variationen in Vogelerscher Manier, die mir, obwohl sie auch sehr schön waren doch nicht so gefielen, wie sein voriges Spiel Die Kirche füllte sich nach und nach an, und die Leute waren sehr verwundert den Berner zu hören, denn er hatte ganz Breslau weis gemacht, er sei nach dem Bade gereis’t; nun spielte er aber Orgel in St. Elisabeth, das konnten sie sich nicht zusammenreimen. Nachdem er wieder ein Gläschen getrunken, holte er Variationen von sich über den Choral „Vom Himmel hoch“, die sehr schön sind. Die letzte Variation ist eine Fuge, deren Thema der verkürzte Choral ist, er spielte sie auf dem Mittelclavier. Nun machte er Miene zu schließen, brachte das Thema alla Stretta, schlug den Dominantenaccord an, und fing dann plötzlich auf dem Unterclavier, das gekoppelt war, mit der ganzen Stärke der Orgel den einfachen Choral an, modulirte noch prächtig auf der Melodie, und schloß so. Es machte einen himmlischen Effekt, als der Choral mit aller Macht einschlug, die Töne strömten aus der Orgel von allen Seiten her. Das griff ihn aber sehr an, so daß er zwei oder drei Gläser Wein trinken mußte. Doch bald setzte er sich wieder hin, und spielte Variationen auf God save the King, in denen er dies Thema phrygisch, und dann aeolisch behandelt, und gegen das Ende spielte er es auch mit voller Orgel, was eine eben so schöne Wirkung, wie vorher, that. Somit war das Orgelconcert beschlossen, und Berner sehr ermüdet. Die Leute verließen die Kirche, und er gab der Flasche Wein den Rest. Dann zeigte er mir das Innere der Orgel selbst. Bomben und Granaten sind in sehr viele Pfeifen gefahren, so daß sie unbrauchbar sind. – Wir sprachen noch eine Weile; Vater, Heinz, er und ich, Berner erzählte uns lustige Schwänke die er ausgeführt, und dann gingen wir essen, Berner mit uns. Beim Spielen steht ein Chorjunge neben ihm der ihm die Register herauszieht oder hineinstößt, die Berner mitten im Spielen mit dem Finger antippt. – Nun genug von Phrygisch, Aeolisch, Dominanten, Registern, Pfeifen, Manual, Pedal, Ventil, 32 Fuß, Mixtur, Concert, Weinflaschen, Gläsern, Fugen und Verlängerungen. Von allen diesen unästhetischen Dingen wollen wir uns zum ästhetischen Mittagbrod wenden, das Herr Heß uns den Tag im Tempelsaal gab. Es war nicht groß, und nicht abscheulich, sondern sehr schmackhaft. Nach dieser Essung, gingen wir in die Aula, den großen Saal der Breslauer, den sie sehr schön finden, dann in’s Theater; und dann zu Hr. Frank, der uns geladen hatte. Wir kamen hinauf. In den Stuben war es gresig heiß. Die Gesellschaft bestand aus folgenden Subjecten: 1) Herr Frank, 2) Mme. Frank, klein und dick, beide höflichen Sinnes 3) deren Sohn, 4) dessen Schwester 5) der Gh. Ob. Reg. Rath Kraker, der uns rieth den Zobten zu besteigen, 6) der Geh. etc. etc. Rath Wendt, ein ungeheuer dicker Artzt 7) ein Kaufmann, Branes der nebenbei den Preis einer philosophischen Aufgabe gewonnen hat, 8) ein Stutzer 9) ein Mann 10) der Dr. Witte 11) noch ein Mann 12) Kuchen, Eis, Thee, ein Fortepiano, ein Lohnbediente, etc. Nachdem man Thee gegeben hatte, mußte ich den Leuten Musik zu trinken geben; nach ausgehaltner Phantasia, bestanden wir ein Souper, gingen nach Hause, legten uns zu Bette, und standen am Morgen wieder daraus auf. Das Wetter war „kühl und feucht“ der Regen, der fiel, ließ nicht zu, daß wir den Zobten bestiegen, wir mußten wieder umlenken, kamen nach Frankenstein, und – – – – – – Bis hieher Friedland, und nicht weiter, ruft das Schicksal (Von Herrn v. Schiller) Das Schicksal ruft „die Hand gehorcht, doch ach! daß es mein Herz nicht thut!“ Und so hätt’ ich denn einen Brief zusammengeschmiert. Nun kommen Bestellungen, Anhängsel, und dergl. Rehbock, ich danke für deinen Brief, das Vögelchen hat seine verfluchte Schuldigkeit gethan, da es in die Rinne fiel. Sagt Herrn Heyse, daß ich und prata lateinisch anrufe, was zuweilen miserabel ausfällt. Grüßt alle grüßable Personen, Prof. Zelter, und einen gewissen Ritz. von Mir, der ich bin, bleibe, war, sein werde u. s. w. der Eurige bis in den Tod der kleine Felix, Jacob, Ludwig Mendelssohn-Bartholdy.
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Ich fange einen schönen, ernstvollen Brief an, mache auch schon Pläne zu seiner Beendigung, „da kommt der Eugenius Lämmerhirt, ernst und kalt, faßt er des Briefes zärtliche Gestalt, und läßt</title> <title level="s" type="sub" xml:id="title_1f772063-96a5-4327-aeea-1462f0c21922">Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C)</title> <title key="not_yet_determined" type="precursor">noch nicht ermittelt</title> <title key="not_yet_determined" type="successor">noch nicht ermittelt</title> <author key="PSN0000001">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</author><respStmt><resp resp="writer"></resp><persName key="PSN0000001" resp="writer">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName></respStmt><respStmt resp="transcription"> <resp resp="transcription">Transkription: </resp> <name resp="transcription">FMB-C</name> </respStmt> <respStmt resp="edition"> <resp resp="edition">Edition: </resp> <name resp="edition">FMB-C</name> </respStmt> </titleStmt> <publicationStmt> <publisher>Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). 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Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1823-08-14" xml:id="date_7fcf7ae6-0318-4b09-bc48-162f6071976b">14. 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Ein Ziehen im linken Arm, das ihn sehr belästigt, war wohl die Ursache, daß ihm Einiges misglückte; doch hat er auch auf dem Clavier große Fertigkeit. – Drauf mußte ich phantasiren.</p> <p>Den Abend besuchten wir einige Vergnügungsörter der Breslauer, Scheidnich, und Liebig, und gingen dann in’s Theater, wo ein schlechtes Ballet von den <persName xml:id="persName_0c170a5f-07b4-4290-9750-16929d7b1ca9">Koblers<name key="PSN0112459" style="hidden">Kobler, Tänzerfamilie aus Wien</name></persName>, und einigen Breslauer Tänzern gut ausgeführt wurde. (Die Einwohner loben ihr Orchester sehr. <title xml:id="title_a2c4df30-c750-4587-8aab-49bf5274cf2e">Hä, hä, glaub’s nicht<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_bj4dlhyu-a4bs-dpgm-cs4i-jox1sy0ztd6i"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="stage_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="singspiels_and_operas" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100320" style="hidden">Soldatenliebschaft, Komisches Singspiel in einem Akt, [Ende September bis 11. Dezember 1820]<idno type="MWV">L 1</idno><idno type="op"></idno></name></title>.) Als wir nach Hause gingen mußte <persName xml:id="persName_ff1217fa-672f-4259-86a0-99ac23531a5f">Paul<name key="PSN0113263" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Paul Hermann (1812-1874)</name></persName> sich <persName xml:id="persName_153be6fd-8d15-4a14-b228-42fd8abd45e2">Vater<name key="PSN0113247" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)</name></persName>’s Spencer anziehn, in dem er eine göttliche Figur machte. Wir kamen vor einigen Leierkasten-Männern vorbei, die (ich glaube seinetwegen) sogleich ihren Posten verließen, und davonliefen. </p> <p> <note resp="FMBC" style="hidden" type="text_constitution" xml:id="note_f9da30a7-0721-2249a-16398-527653ce17d8" xml:lang="de">Noten, Grafiken, Sonderzeichen siehe FMB-Druckausgabe.</note> </p> <p> <note resp="FMBC" style="hidden" type="text_constitution" xml:id="note_13a5cc23-92e8-5a77a-9528a-74a6fc0f1865" xml:lang="de">Noten, Grafiken, Sonderzeichen siehe FMB-Druckausgabe.</note> </p> <p style="paragraph_without_indent">half ich bis 11 Uhr Micheln, und dann gingen wir alle zu <persName xml:id="persName_fbbe8071-100c-4040-b952-719561353509">Berner<name key="PSN0109893" style="hidden">Berner, Friedrich Wilhelm (1780-1827)</name></persName> in die Kirche. Er kam. Zuerst zog er sich seinen Rock aus, und eine leichte Weste dafür an; dann mußte ich ihm ein Thema aufschreiben, und nun fing er an. Er nahm das tiefe C im Pedal, und dann stürzt er sich mit aller Macht auf’s Manual, und nach einigen Läufen fing er ein Thema auf dem Manual an; ich hatte keine Idee, daß man es auf dem Pedal spielen könne, (denn so war es: <note resp="FMBC" style="hidden" type="text_constitution" xml:id="note_d79b6d77-69c3-50ba8-e7fe3-768620a82a0f" xml:lang="de">Noten, Grafiken, Sonderzeichen siehe FMB-Druckausgabe.</note>) doch bald fiel er mit den Füßen ein, und führt es nun mit Manual und Pedal durch. Nachdem er das Thema gehörig durchgeknetet hatte, fing er das Meinige im Pedal an, führte es dann ein Weilchen durch, nahm es dann im Pedal in der Verlängerung, setzte ein schönes Contrasubject dagegen, und arbeitete die beiden Themata prächtig durch. Er hat eine ungeheure Fertigkeit auf dem Pedal. Als er geendigt, trank er einige Gläser Wein, den er sich mitgebracht, und setzte sich dann wieder auf die Orgelbank. Nun spielte er Variationen in <persName xml:id="persName_0e31b4f3-d3be-48f4-8813-4ae89d890182">Vogelerscher<name key="PSN0115532" style="hidden">Vogler, Georg Joseph (gen. Abbé Vogler) (1749-1814)</name></persName> Manier, die mir, obwohl sie auch sehr schön waren doch nicht so gefielen, wie sein voriges Spiel Die Kirche füllte sich nach und nach an, und die Leute waren sehr verwundert den <persName xml:id="persName_19a5b6fb-1dc5-4e2e-b571-2355da897bc1">Berner<name key="PSN0109893" style="hidden">Berner, Friedrich Wilhelm (1780-1827)</name></persName> zu hören, denn er hatte ganz Breslau weis gemacht, er sei nach dem Bade gereis’t; nun spielte er aber <placeName xml:id="placeName_09b90dc9-47c9-4dee-b48f-eae1c2923a97">Orgel in St. Elisabeth<name key="SGH0100214" style="hidden" subtype="" type="sight">St. Elisabeth</name><settlement key="STM0100136" style="hidden" type="">Breslau</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName>, das konnten sie sich nicht zusammenreimen. Nachdem er wieder ein Gläschen getrunken, holte er Variationen von sich über den <title xml:id="title_69f8d4ec-3374-4df2-8889-9f815f1105b3">Choral „Vom Himmel hoch“<name key="PSN0109893" style="hidden" type="author">Berner, Friedrich Wilhelm (1780-1827)</name><name key="CRT0108211" style="hidden" type="music">Variationen über »Vom Himmel hoch«</name></title>, die sehr schön sind. Die letzte Variation ist eine Fuge, deren Thema der verkürzte Choral ist, er spielte sie auf dem Mittelclavier. Nun machte er Miene zu schließen, brachte das Thema alla Stretta, schlug den Dominantenaccord an, und fing dann plötzlich auf dem Unterclavier, das gekoppelt war, mit der ganzen Stärke der Orgel den einfachen Choral an, modulirte noch prächtig auf der Melodie, und schloß so. Es machte einen himmlischen Effekt, als der Choral mit aller Macht einschlug, die Töne strömten aus der Orgel von allen Seiten her. Das griff ihn aber sehr an, so daß er zwei oder drei Gläser Wein trinken mußte. Doch bald setzte er sich wieder hin, und spielte <title xml:id="title_8dcee7f9-f4fa-44f4-a968-c96ae484eaa2">Variationen auf God save the King<name key="PSN0109893" style="hidden" type="author">Berner, Friedrich Wilhelm (1780-1827)</name><name key="CRT0108210" style="hidden" type="music">Variationen über »God save the King«</name></title>, in denen er dies Thema phrygisch, und dann aeolisch behandelt, und gegen das Ende spielte er es auch mit voller Orgel, was eine eben so schöne Wirkung, wie vorher, that.</p> <p>Somit war das Orgelconcert beschlossen, und <persName xml:id="persName_e3142798-f3b2-4669-b624-c152004a5299">Berner<name key="PSN0109893" style="hidden">Berner, Friedrich Wilhelm (1780-1827)</name></persName> sehr ermüdet. Die Leute verließen die Kirche, und er gab der Flasche Wein den Rest. Dann zeigte er mir das Innere der Orgel selbst. Bomben und Granaten sind in sehr viele Pfeifen gefahren, so daß sie unbrauchbar sind. – Wir sprachen noch eine Weile; <persName xml:id="persName_a262d4a9-b679-4a92-ae5c-d8cdad783380">Vater<name key="PSN0113247" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)</name></persName>, <persName xml:id="persName_bd3fd87a-bf4a-4e18-b7c3-83dde7587131">Heinz<name key="PSN0109766" style="hidden">Beer, Heinrich (Henoch, Hans) (1794-1842)</name></persName>, er und ich, <persName xml:id="persName_e7721ea4-5f98-4726-8741-6b1e28bca99d">Berner<name key="PSN0109893" style="hidden">Berner, Friedrich Wilhelm (1780-1827)</name></persName> erzählte uns lustige Schwänke die er ausgeführt, und dann gingen wir essen, Berner mit uns. Beim Spielen steht ein Chorjunge neben ihm der ihm die Register herauszieht oder hineinstößt, die Berner mitten im Spielen mit dem Finger antippt. – Nun genug von Phrygisch, Aeolisch, Dominanten, Registern, Pfeifen, Manual, Pedal, Ventil, 32 Fuß, Mixtur, Concert, Weinflaschen, Gläsern, Fugen und Verlängerungen. Von allen diesen unästhetischen Dingen wollen wir uns zum ästhetischen Mittagbrod wenden, das <persName xml:id="persName_9b8e3e90-fcb4-4198-b7d3-678308ab7c9c">Herr Heß<name key="PSN0111948" style="hidden">Hesse, Friedrich Ferdinand (1780-1847)</name></persName> uns den Tag im Tempelsaal gab. Es war nicht groß, und nicht abscheulich, sondern sehr schmackhaft. Nach dieser Essung, gingen wir in die Aula, den großen Saal der Breslauer, den <hi rend="underline">sie</hi> sehr schön finden, dann in’s Theater; und dann zu <persName xml:id="persName_ddc0c598-536b-458c-82c0-51f71d8dc89d">Hr. Frank<name key="PSN0111125" style="hidden">Franck, Israel Beerel (1772-1828)</name></persName>, der uns geladen hatte. Wir kamen hinauf. In den Stuben war es gresig heiß. Die Gesellschaft bestand aus folgenden Subjecten:</p> <p>1) Herr <persName xml:id="persName_cbf903f3-8244-40c7-8613-88bddeeaaf5c">Frank<name key="PSN0111125" style="hidden">Franck, Israel Beerel (1772-1828)</name></persName>, 2) <persName xml:id="persName_c4f8a99d-c2ef-41c0-a02b-c01fc9386422">Mme. Frank<name key="PSN0111122" style="hidden">Franck, Friederike (Frida; eigtl. Ferka) (1783-1849)</name></persName>, klein und dick, beide höflichen Sinnes 3) deren <persName xml:id="persName_5cc522f3-f8ab-4a89-88b6-5f18fe1fa5bc">Sohn<name key="PSN0111123" style="hidden">Franck, Georg Hermann (1802-1855)</name></persName>, 4) dessen <persName xml:id="persName_40827997-eaf6-446e-8093-86b427ce49fe">Schwester<name key="PSN0111115" style="hidden">Franck, Adelheid (1800-1873)</name></persName> 5) der <persName xml:id="persName_33657ea1-7b78-4d4c-908b-8f603f9f8555">Gh. Ob. Reg. Rath Kraker<name key="PSN0112515" style="hidden">Kra(c)ker von Schwarzenfeld, Carl Friedrich August</name></persName>, der uns rieth den Zobten zu besteigen, 6) der <persName xml:id="persName_07c6f4f8-d4fe-4593-84bc-102598af9882">Geh. etc. etc. Rath Wendt<name key="PSN0115702" style="hidden">Wendt, Johann (1777-1845)</name></persName>, ein ungeheuer dicker Artzt 7) ein <persName xml:id="persName_7ea6315a-522c-4c5c-be96-1048314ff5a0">Kaufmann, Branes<name key="PSN0110081" style="hidden">Branes, Herr</name></persName> der nebenbei den Preis einer philosophischen Aufgabe gewonnen hat, 8) ein Stutzer 9) ein Mann 10) der <persName xml:id="persName_29e56678-0e35-4dbb-b03e-a695172a5607">Dr. Witte<name key="PSN0115823" style="hidden">Witte, Johann Heinrich Friedrich Karl (1800-1883)</name></persName> 11) noch ein Mann 12) Kuchen, Eis, Thee, ein Fortepiano, ein Lohnbediente, etc.</p> <p>Nachdem man Thee gegeben hatte, mußte ich den Leuten Musik zu trinken geben; nach ausgehaltner Phantasia, bestanden wir ein Souper, gingen nach Hause, legten uns zu Bette, und standen am Morgen wieder daraus auf. Das Wetter war „kühl und feucht“ der Regen, der fiel, ließ nicht zu, daß wir den Zobten bestiegen, wir mußten wieder umlenken, kamen nach Frankenstein, und – – – – – –</p> <p><hi rend="underline">Bis hieher Friedland, und nicht weiter</hi>, <title xml:id="title_4bee4d79-8a6f-4f87-8501-6e1c602c0d96">ruft das Schicksal (Von Herrn v. Schiller<name key="PSN0114545" style="hidden" type="author">Schiller, Johann Christoph Friedrich (seit 1802) von (1759-1805)</name><name key="CRT0110675" style="hidden" type="dramatic_work">Wallenstein</name></title>)</p> <p>Das Schicksal ruft „die Hand gehorcht, doch ach! daß es mein Herz nicht thut!“</p> <p>Und so hätt’ ich denn einen Brief zusammengeschmiert. Nun kommen Bestellungen, Anhängsel, und dergl.</p> <p><persName xml:id="persName_0b934b73-f1aa-4d2e-825d-e637a84cd572">Rehbock<name key="PSN0117586" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Rebecka Henriette (1811-1858)</name></persName>, ich danke für deinen Brief, das Vögelchen hat seine verfluchte Schuldigkeit gethan, da es in die Rinne fiel.</p> <p>Sagt <persName xml:id="persName_3b46ac93-1613-46af-ba9e-c8b712934ca2">Herrn Heyse<name key="PSN0111970" style="hidden">Heyse, Carl Wilhelm Ludwig (1797-1855)</name></persName>, daß ich <note resp="FMBC" style="hidden" type="text_constitution" xml:id="note_f1f811ad-7aba-0a8d6-ce665-9383dc8bc347" xml:lang="de">Noten, Grafiken, Sonderzeichen siehe FMB-Druckausgabe.</note> und prata lateinisch anrufe, was zuweilen miserabel ausfällt.</p> <closer rend="left">Grüßt alle grüßable Personen, <persName xml:id="persName_f90c933a-e5b1-4a44-a207-f5b7dda6c55d">Prof. Zelter<name key="PSN0115916" style="hidden">Zelter, Carl Friedrich (1758-1832)</name></persName>, und einen gewissen <persName xml:id="persName_f910da20-f18e-42c9-849a-1a05123525d9">Ritz<name key="PSN0114202" style="hidden">Rietz, Eduard Theodor Ludwig (1802-1832)</name></persName>. </closer> <closer rend="right">von</closer> <closer rend="right" xml:id="closer_60f0c885-3322-4630-930c-9f6479600a73">Mir, der ich bin, bleibe, war, sein werde u.s.w.</closer> <closer rend="right" xml:id="closer_7bc9e406-b3e5-499c-8752-1db28914404a">der Eurige bis in den Tod</closer> <signed rend="right">der kleine Felix, Jacob, Ludwig Mendelssohn-Bartholdy.</signed> </div> </body> </text></TEI>