fmb-1822-09-13-01
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Sécheron bei Genf, 13. September 1822
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
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Felix Mendelssohn Bartholdy
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Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
Da ich in Interlaken Ihnen nicht weiter geschrieben habe,
Ich endigte meinen Brief, als wir im Begriff waren, die Exkursion in die berühmten Thäler von Lauterbrunnen und Grindelwald anzutreten. Von Interlaken bis zum Dorfe Lauterbrunnen zählten wir an 40 Wasserfälle, die meistens auf der rechten Seite herabstürzen und sich alle in die weiße Lütschine ergießen, einen wilden Bergstrom, der aus dem kleineren Grindelwaldgletscher hervorfließt, das Lauterbrunnen-Thal in zwei Theile theilt und am Ende des Thales die schwarze Lütschine aufnimmt. Ihr Eiswasser verbreitet im Thale eine Kühle, die man fast Kälte nennen könnte. Hinter Lauterbrunnen ist der berühmte Staubbach, der von einem 800 Fuß hohen Felsen fällt. Doch ist sein Anblick weniger imposant als der Anblick mancher anderen, die weniger hoch herunterfallen; so fand ich es wenigstens, das mag auch wohl die Schuld meiner übergroßen Erwartung gewesen sein. Die Jungfrau, welche über einem anderen Berg hervorsieht, fanden wir prächtig; wir sollten sie noch prächtiger sehen. Den anderen Tag gingen wir auf die Wengern-Alp und gelangten, von feinem Regen begleitet, zu den Sennhütten, welche auf dem Punkte stehen, wo man die Jungfrau am besten sieht. Von der höchsten Spitze bis unter der Wengern-Alp liegt Schnee in dicken Massen, mehrere Gletscher mit ihrem grünlichen Scheine erblickt man, auch Lawinen sahen wir stürzen, die Jungfrau ist über den Sennhütten noch 7000 Fuß erhaben. Eine Sennhütte ist übrigens nicht so poetisch, wie man sie sich wohl denkt. Aus grauen, geschickt zusammengefügten Tannenbalken ist sie gezimmert. Schwere Steine beschützen das Strohdach vor der Wucht der Winde, welches weit vom Haus absteht und einen kleinen Bezirk vor der Hütte vor Regen bewahrt. Hier melken die Hirten ihr Vieh bei schlechtem Wetter. Die Diele dieser Hütte ist die Erde, auf der der Feuerherd ist. Mit Mühe gelangt man in’s Innere, denn die Vertiefung, in der jede Hütte steht, ist von den Kühen so beschmutzt, daß man nur auf den Steinen und Brettern, die die Hirten in den Schmutz werfen, zur Thür kommen kann. Durch eine Bretterwand ist dies schöne Gebäude in zwei Theile getheilt. Im vorderen sind ein Fenster und zwei Thüren. Hier setzten wir uns hin, der eine auf einen hervorstehenden Balken, der andere auf einen von jenen kleinen Schemeln, deren die Hirten sich bedienen, um das Vieh zu melken, der dritte auf einen Holzblock, auf dem ein vierter hinten stand, um seine Stimme hörbar zu machen, mit der er rief: „Mir auch etwas Brot, mir auch etwas dicke Milch!“ In die hintere Abtheilung begaben sich die Träger und Führer und machten daselbst ein Feuer an, um das sie sich lagerten; hin und wieder kam auch einer von uns und wärmte sich, denn die Kälte war streng. Dem einen froren die Füße, dem andern die Ohren, des dritten Nase hatte eine Schattirung von Lila, und alle hatten einen desperaten Hunger. Zuweilen unterbrachen Lawinen mit Donnergeräusch das lebhafte Gespräch; dann lief alles an’s Fenster, was nicht zur Thüre hinausgedrängt wurde, und eine Herde rothbrauner Schweine begleitete mit lieblichen Tönen das schreckliche Tönen der Lawinen. Da das hintere Zimmer kein Fenster hat, so ist es darin dunkel wie in einem Sack, und nur das Feuer leuchtete. Auf einer Seite steigt man zum Schlafgemach der Hirten. Dies ist unter dem Dach und so niedrig, daß ich nicht gerade drin stehen konnte. Wenn des Abends dann die Kühe gemolken sind, so legt man sich auf’s Heu und schnarcht mit Ochsen und Schweinen, die, glaube ich, auch in der Hütte schlafen, um die Wette. Die Figur, die wir darin machten, wie auch unser Essen waren sonderbar. In solcher Hütte Shawls, Kanten und Gott weiß, wie all der Modekram heißen mag, zu sehen, war ebenso sonderbar, wie zur dicken Milch und dem Käse, den die Hirten lieferten, Schokolade und Bonbons zu essen, welche die Damen lieferten. Und das alles im Angesicht der prächtigen Jungfrau!
Nun bitte ich um Pardon wegen der allzu breiten Beschreibung der poetischen Sennhütten; doch letzt erbot ich mich, solche Hütte ausführlich zu beschreiben, und habe es denn hiermit gethan.
Unsere übrige Reise hat Ihnen wahrscheinlich
Zuerst das Jodeln. Zuerst nenne ich es, weil es in der ganzen Schweiz verbreitet, und alle Schweizer Landleute können jodeln. Es besteht aus Tönen, die durch die Gurgel hervorgebracht werden, und gewöhnlich sind es aufspringende Sexten, die man jodelt, zum Beispiel:
Es ist nicht zu leugnen, daß diese Art von Gesang in der Nähe oder im Zimmer rauh und unangenehm klingt. Doch wenn Echos darauf antworten oder sich damit vermischen, wenn man im Thale steht und auf dem Berge oder im Walde das Jodeln und das Jauchzen hört, das der Enthusiasmus der Schweizer für ihre Gegend hervorbringt, wenn man auf dem Berge steht, bei frühem Morgen und heiterem Wetter, und das Geläute der Kühe im Thale, welche auf die Matten ausgetrieben werden, es bald laut, bald leise begleiten, dann klingt dieser Gesang schön, ja er hängt genau mit dem Bilde zusammen, das ich mir von einer Gegend mache, und gehört gleichsam zu einer Schweizer Landschaft.
Zweitens der viel belobte Gesang der Schweizermädchen, der besonders im Berner Oberland verbreitet ist. Von dem kann ich leider nicht viel Gutes sagen. Es ist allerdings nicht zu verkennen, daß sie gewöhnlich vierstimmig singen, doch alles wird verdorben durch eine Mädchenstimme, die sie wie flauto piccolo betrachten; denn diese singt nie eine Melodie, sondern einzelne hohe Töne, und nur nach Belieben, glaube ich, wodurch zuweilen gräßliche Quinten entstehen. So hörte ich zum Beispiel:
da es offenbar heißen soll
ohne die Oberstimme.
Uebrigens könnten sie gute Sängerinnen sein, denn den Spruch: „Cantores amant humores“ erfüllen sie ganz. Vier von ihnen haben einst 24 Flaschen Wein hinter die Knöpfe getrunken.
Drittens noch etwas von den Orgeln in der Schweiz, soviel ich davon weiß. Es war mir sehr angenehm, im Hirtenlande Appenzell, einem der kleinsten Kantone der Schweiz, im Wirthshause eines Dorfes ein Orgelchen zu finden. In Zug fand ich zwar eine
Wir werden heute noch nach Ferney fahren, wo
Secheron bei Genf, 13. September 1822. Da ich in Interlaken Ihnen nicht weiter geschrieben habe, lieber Herr Professor, so will ich meine Reisebeschreibung hier in Secheron (einem Wirthshause unweit Genf) fortsetzen; doch denke ich mich kürzer zu fassen als im vorigen Brief, weil ich Ihnen noch einiges über die Orgeln, welche ich bis jetzt zu sehen, zu hören, zu spielen Gelegenheit hatte, erzählen will. Ich endigte meinen Brief, als wir im Begriff waren, die Exkursion in die berühmten Thäler von Lauterbrunnen und Grindelwald anzutreten. Von Interlaken bis zum Dorfe Lauterbrunnen zählten wir an 40 Wasserfälle, die meistens auf der rechten Seite herabstürzen und sich alle in die weiße Lütschine ergießen, einen wilden Bergstrom, der aus dem kleineren Grindelwaldgletscher hervorfließt, das Lauterbrunnen-Thal in zwei Theile theilt und am Ende des Thales die schwarze Lütschine aufnimmt. Ihr Eiswasser verbreitet im Thale eine Kühle, die man fast Kälte nennen könnte. Hinter Lauterbrunnen ist der berühmte Staubbach, der von einem 800 Fuß hohen Felsen fällt. Doch ist sein Anblick weniger imposant als der Anblick mancher anderen, die weniger hoch herunterfallen; so fand ich es wenigstens, das mag auch wohl die Schuld meiner übergroßen Erwartung gewesen sein. Die Jungfrau, welche über einem anderen Berg hervorsieht, fanden wir prächtig; wir sollten sie noch prächtiger sehen. Den anderen Tag gingen wir auf die Wengern-Alp und gelangten, von feinem Regen begleitet, zu den Sennhütten, welche auf dem Punkte stehen, wo man die Jungfrau am besten sieht. Von der höchsten Spitze bis unter der Wengern-Alp liegt Schnee in dicken Massen, mehrere Gletscher mit ihrem grünlichen Scheine erblickt man, auch Lawinen sahen wir stürzen, die Jungfrau ist über den Sennhütten noch 7000 Fuß erhaben. Eine Sennhütte ist übrigens nicht so poetisch, wie man sie sich wohl denkt. Aus grauen, geschickt zusammengefügten Tannenbalken ist sie gezimmert. Schwere Steine beschützen das Strohdach vor der Wucht der Winde, welches weit vom Haus absteht und einen kleinen Bezirk vor der Hütte vor Regen bewahrt. Hier melken die Hirten ihr Vieh bei schlechtem Wetter. Die Diele dieser Hütte ist die Erde, auf der der Feuerherd ist. Mit Mühe gelangt man in’s Innere, denn die Vertiefung, in der jede Hütte steht, ist von den Kühen so beschmutzt, daß man nur auf den Steinen und Brettern, die die Hirten in den Schmutz werfen, zur Thür kommen kann. Durch eine Bretterwand ist dies schöne Gebäude in zwei Theile getheilt. Im vorderen sind ein Fenster und zwei Thüren. Hier setzten wir uns hin, der eine auf einen hervorstehenden Balken, der andere auf einen von jenen kleinen Schemeln, deren die Hirten sich bedienen, um das Vieh zu melken, der dritte auf einen Holzblock, auf dem ein vierter hinten stand, um seine Stimme hörbar zu machen, mit der er rief: „Mir auch etwas Brot, mir auch etwas dicke Milch!“ In die hintere Abtheilung begaben sich die Träger und Führer und machten daselbst ein Feuer an, um das sie sich lagerten; hin und wieder kam auch einer von uns und wärmte sich, denn die Kälte war streng. Dem einen froren die Füße, dem andern die Ohren, des dritten Nase hatte eine Schattirung von Lila, und alle hatten einen desperaten Hunger. Zuweilen unterbrachen Lawinen mit Donnergeräusch das lebhafte Gespräch; dann lief alles an’s Fenster, was nicht zur Thüre hinausgedrängt wurde, und eine Herde rothbrauner Schweine begleitete mit lieblichen Tönen das schreckliche Tönen der Lawinen. Da das hintere Zimmer kein Fenster hat, so ist es darin dunkel wie in einem Sack, und nur das Feuer leuchtete. Auf einer Seite steigt man zum Schlafgemach der Hirten. Dies ist unter dem Dach und so niedrig, daß ich nicht gerade drin stehen konnte. Wenn des Abends dann die Kühe gemolken sind, so legt man sich auf’s Heu und schnarcht mit Ochsen und Schweinen, die, glaube ich, auch in der Hütte schlafen, um die Wette. Die Figur, die wir darin machten, wie auch unser Essen waren sonderbar. In solcher Hütte Shawls, Kanten und Gott weiß, wie all der Modekram heißen mag, zu sehen, war ebenso sonderbar, wie zur dicken Milch und dem Käse, den die Hirten lieferten, Schokolade und Bonbons zu essen, welche die Damen lieferten. Und das alles im Angesicht der prächtigen Jungfrau! Nun bitte ich um Pardon wegen der allzu breiten Beschreibung der poetischen Sennhütten; doch letzt erbot ich mich, solche Hütte ausführlich zu beschreiben, und habe es denn hiermit gethan. Unsere übrige Reise hat Ihnen wahrscheinlich Fanny schon erzählt, auch will ich mir einiges für zu Hause aufsparen. Doch jetzt noch einiges vom Gesange der Schweizer. Zuerst das Jodeln. Zuerst nenne ich es, weil es in der ganzen Schweiz verbreitet, und alle Schweizer Landleute können jodeln. Es besteht aus Tönen, die durch die Gurgel hervorgebracht werden, und gewöhnlich sind es aufspringende Sexten, die man jodelt, zum Beispiel: Es ist nicht zu leugnen, daß diese Art von Gesang in der Nähe oder im Zimmer rauh und unangenehm klingt. Doch wenn Echos darauf antworten oder sich damit vermischen, wenn man im Thale steht und auf dem Berge oder im Walde das Jodeln und das Jauchzen hört, das der Enthusiasmus der Schweizer für ihre Gegend hervorbringt, wenn man auf dem Berge steht, bei frühem Morgen und heiterem Wetter, und das Geläute der Kühe im Thale, welche auf die Matten ausgetrieben werden, es bald laut, bald leise begleiten, dann klingt dieser Gesang schön, ja er hängt genau mit dem Bilde zusammen, das ich mir von einer Gegend mache, und gehört gleichsam zu einer Schweizer Landschaft. Zweitens der viel belobte Gesang der Schweizermädchen, der besonders im Berner Oberland verbreitet ist. Von dem kann ich leider nicht viel Gutes sagen. Es ist allerdings nicht zu verkennen, daß sie gewöhnlich vierstimmig singen, doch alles wird verdorben durch eine Mädchenstimme, die sie wie flauto piccolo betrachten; denn diese singt nie eine Melodie, sondern einzelne hohe Töne, und nur nach Belieben, glaube ich, wodurch zuweilen gräßliche Quinten entstehen. So hörte ich zum Beispiel: da es offenbar heißen soll ohne die Oberstimme. Uebrigens könnten sie gute Sängerinnen sein, denn den Spruch: „Cantores amant humores“ erfüllen sie ganz. Vier von ihnen haben einst 24 Flaschen Wein hinter die Knöpfe getrunken. Drittens noch etwas von den Orgeln in der Schweiz, soviel ich davon weiß. Es war mir sehr angenehm, im Hirtenlande Appenzell, einem der kleinsten Kantone der Schweiz, im Wirthshause eines Dorfes ein Orgelchen zu finden. In Zug fand ich zwar eine Orgel, sie war aber im schlechtesten Zustande. Doch war mir die Bekanntschaft des Professors Kaiser im Flecken Zug sehr erfreulich. Unser Wirth führte mich zu ihm. Er hat ein gutes Klavier, die Suiten von Händel, viele seiner Fugen und das wohltemperirte Klavier von Sebastian Bach und liebt beide mit Enthusiasmus. In Bern spielte ich die Orgel im Münster, welche recht großartig ist, sie hat 53 Stimmen, mehreremal 16 Fuß im Manual, einmal 32 Fuß im Pedal und 8 Bälge, die jedoch leck sind, worüber die arme Orgel öfters seufzt, auch schnarren zwei Pfeifen von Prinzipal 16 F mörderlich gegen einander. – In Bulle, einer kleinen Stadt im Kanton Freiburg, fand ich eine vortreffliche Orgel, die sehr wohl im Stande ist. Sie hat ungefähr 28 Stimmen, 2 Klaviere, und ich fand nur einen Fehler, nämlich das Pedal geht nur bis zum hohen a, und h und c fehlen ihm ganz, so daß man nichts von Bach darauf spielen kann. Alle Stimmen gingen, das Werk ist sehr gut im Stande, weil Aloys Moser, der sie gebaut hat, in Bulle ist. Der Mann, der kürzlich in Genf sein 64. Werk vollendet hat, trägt sich ganz wie ein Bauer, mit seinem schlichten grauen Rocke und seinen großen Schuhen. Besonders schön sind die sanften Stimmen und das ganze volle Werk. Wir werden heute noch nach Ferney fahren, wo Voltaire gehaust hat, ich schließe also, ohne Herrn Heysens Gruß zu vergessen, den er mir aufgetragen hat. Felix Mendelssohn.
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Januar 1906.</bibl> <bibl type="printed_letter">Sietz, Leben in Briefen, S. 18-22.</bibl> </listBibl> </additional> </msDesc> </sourceDesc> </fileDesc> <encodingDesc><projectDesc><p>Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.</p></projectDesc><editorialDecl><p>Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1822-09-13" xml:id="date_e0325529-61ee-45da-87d5-e72121e43c7d">13. 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Ihr Eiswasser verbreitet im Thale eine Kühle, die man fast Kälte nennen könnte. Hinter Lauterbrunnen ist der berühmte Staubbach, der von einem 800 Fuß hohen Felsen fällt. Doch ist sein Anblick weniger imposant als der Anblick mancher anderen, die weniger hoch herunterfallen; so fand ich es wenigstens, das mag auch wohl die Schuld meiner übergroßen Erwartung gewesen sein. Die Jungfrau, welche über einem anderen Berg hervorsieht, fanden wir prächtig; wir sollten sie noch prächtiger sehen. Den anderen Tag gingen wir auf die Wengern-Alp und gelangten, von feinem Regen begleitet, zu den Sennhütten, welche auf dem Punkte stehen, wo man die Jungfrau am besten sieht. Von der höchsten Spitze bis unter der Wengern-Alp liegt Schnee in dicken Massen, mehrere Gletscher mit ihrem grünlichen Scheine erblickt man, auch Lawinen sahen wir stürzen, die Jungfrau ist über den Sennhütten noch 7000 Fuß erhaben. Eine Sennhütte ist übrigens nicht so poetisch, wie man sie sich wohl denkt. Aus grauen, geschickt zusammengefügten Tannenbalken ist sie gezimmert. Schwere Steine beschützen das Strohdach vor der Wucht der Winde, welches weit vom Haus absteht und einen kleinen Bezirk vor der Hütte vor Regen bewahrt. Hier melken die Hirten ihr Vieh bei schlechtem Wetter. Die Diele dieser Hütte ist die Erde, auf der der Feuerherd ist. Mit Mühe gelangt man in’s Innere, denn die Vertiefung, in der jede Hütte steht, ist von den Kühen so beschmutzt, daß man nur auf den Steinen und Brettern, die die Hirten in den Schmutz werfen, zur Thür kommen kann. Durch eine Bretterwand ist dies schöne Gebäude in zwei Theile getheilt. Im vorderen sind ein Fenster und zwei Thüren. Hier setzten wir uns hin, der eine auf einen hervorstehenden Balken, der andere auf einen von jenen kleinen Schemeln, deren die Hirten sich bedienen, um das Vieh zu melken, der dritte auf einen Holzblock, auf dem ein vierter hinten stand, um seine Stimme hörbar zu machen, mit der er rief: „Mir auch etwas Brot, mir auch etwas dicke Milch!“ In die hintere Abtheilung begaben sich die Träger und Führer und machten daselbst ein Feuer an, um das sie sich lagerten; hin und wieder kam auch einer von uns und wärmte sich, denn die Kälte war streng. Dem einen froren die Füße, dem andern die Ohren, des dritten Nase hatte eine Schattirung von Lila, und alle hatten einen desperaten Hunger. Zuweilen unterbrachen Lawinen mit Donnergeräusch das lebhafte Gespräch; dann lief alles an’s Fenster, was nicht zur Thüre hinausgedrängt wurde, und eine Herde rothbrauner Schweine begleitete mit lieblichen Tönen das schreckliche Tönen der Lawinen. Da das hintere Zimmer kein Fenster hat, so ist es darin dunkel wie in einem Sack, und nur das Feuer leuchtete. Auf einer Seite steigt man zum Schlafgemach der Hirten. Dies ist unter dem Dach und so niedrig, daß ich nicht gerade drin stehen konnte. Wenn des Abends dann die Kühe gemolken sind, so legt man sich auf’s Heu und schnarcht mit Ochsen und Schweinen, die, glaube ich, auch in der Hütte schlafen, um die Wette. Die Figur, die wir darin machten, wie auch unser Essen waren sonderbar. In solcher Hütte Shawls, Kanten und Gott weiß, wie all der Modekram heißen mag, zu sehen, war ebenso sonderbar, wie zur dicken Milch und dem Käse, den die Hirten lieferten, Schokolade und Bonbons zu essen, welche die Damen lieferten. Und das alles im Angesicht der prächtigen Jungfrau!</p> <p>Nun bitte ich um Pardon wegen der allzu breiten Beschreibung der poetischen Sennhütten; doch letzt erbot ich mich, solche Hütte ausführlich zu beschreiben, und habe es denn hiermit gethan. </p> <p>Unsere übrige Reise hat Ihnen wahrscheinlich <persName xml:id="persName_2894dbf6-cc8a-45fa-9886-3f5569e3452b">Fanny<name key="PSN0117585" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Fanny Cäcilia (1805-1847)</name></persName> schon erzählt, auch will ich mir einiges für zu Hause aufsparen. Doch jetzt noch einiges vom Gesange der Schweizer.</p> <p>Zuerst das Jodeln. Zuerst nenne ich es, weil es in der ganzen Schweiz verbreitet, und alle Schweizer Landleute können jodeln. Es besteht aus Tönen, die durch die Gurgel hervorgebracht werden, und gewöhnlich sind es aufspringende Sexten, die man jodelt, zum Beispiel: <note resp="FMBC" style="hidden" type="text_constitution" xml:id="note_22cd9e2f-6675-14f11-08497-3089b6cd1ce5" xml:lang="de">Noten, Grafiken, Sonderzeichen siehe FMB-Druckausgabe.</note></p> <p>Es ist nicht zu leugnen, daß diese Art von Gesang in der Nähe oder im Zimmer rauh und unangenehm klingt. Doch wenn Echos darauf antworten oder sich damit vermischen, wenn man im Thale steht und auf dem Berge oder im Walde das Jodeln und das Jauchzen hört, das der Enthusiasmus der Schweizer für ihre Gegend hervorbringt, wenn man auf dem Berge steht, bei frühem Morgen und heiterem Wetter, und das Geläute der Kühe im Thale, welche auf die Matten ausgetrieben werden, es bald laut, bald leise begleiten, dann klingt dieser Gesang schön, ja er hängt genau mit dem Bilde zusammen, das ich mir von einer Gegend mache, und gehört gleichsam zu einer Schweizer Landschaft.</p> <p>Zweitens der viel belobte Gesang der Schweizermädchen, der besonders im Berner Oberland verbreitet ist. Von dem kann ich leider nicht viel Gutes sagen. Es ist allerdings nicht zu verkennen, daß sie gewöhnlich vierstimmig singen, doch alles wird verdorben durch eine Mädchenstimme, die sie wie flauto piccolo betrachten; denn diese singt nie eine Melodie, sondern einzelne hohe Töne, und nur nach Belieben, glaube ich, wodurch zuweilen gräßliche Quinten entstehen. So hörte ich zum Beispiel:</p> <p style="paragraph_centered"> <note resp="FMBC" style="hidden" type="text_constitution" xml:id="note_ea5ebd79-f418-971c8-3b576-34f4e17e4c19" xml:lang="de">Noten, Grafiken, Sonderzeichen siehe FMB-Druckausgabe.</note> </p> <p style="paragraph_without_indent">da es offenbar heißen soll</p> <p style="paragraph_centered"> <note resp="FMBC" style="hidden" type="text_constitution" xml:id="note_ffb8f328-7235-175d3-95b6d-b02c3cf5ca30" xml:lang="de">Noten, Grafiken, Sonderzeichen siehe FMB-Druckausgabe.</note> </p> <p style="paragraph_without_indent">ohne die Oberstimme.</p> <p>Uebrigens <hi rend="underline">könnten</hi> sie gute Sängerinnen sein, denn den Spruch: „Cantores amant humores“ erfüllen sie ganz. Vier von ihnen haben einst <hi rend="underline">24 Flaschen Wein</hi> hinter die Knöpfe getrunken.</p> <p>Drittens noch etwas von den Orgeln in der Schweiz, soviel ich davon weiß. Es war mir sehr angenehm, im Hirtenlande Appenzell, einem der kleinsten Kantone der Schweiz, im Wirthshause eines Dorfes ein Orgelchen zu finden. In Zug fand ich zwar eine <placeName xml:id="placeName_23924d0a-9a4a-4b82-aeae-721f98b2a37b">Orgel<name key="SGH0100208" style="hidden" subtype="" type="sight">St. Oswald</name><settlement key="STM0100207" style="hidden" type="">Zug</settlement><country style="hidden">Schweiz</country></placeName>, sie war aber im schlechtesten Zustande. Doch war mir die Bekanntschaft des <persName xml:id="persName_ba5f6bb9-b0fd-4fc2-b42c-2b689722ef03">Professors Kaiser<name key="PSN0112295" style="hidden">Kaiser, Karl Anton (1780-1827)</name></persName> im Flecken Zug sehr erfreulich. Unser Wirth führte mich zu ihm. Er hat ein gutes Klavier, die <title xml:id="title_d09b4cf0-a22c-4f46-b9ae-0ba0940ee6f5">Suiten von Händel<name key="PSN0111693" style="hidden" type="author">Händel, Georg Friedrich (1685-1759)</name><name key="CRT0109022" style="hidden" type="music">Suites de Pieces pour le Clavecin HWV 426-433</name></title>, viele seiner Fugen und <title xml:id="title_920c708b-ff53-4a00-b83d-493832cc5012">das wohltemperirte Klavier<name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name><name key="CRT0107917" style="hidden" type="music">Das Wohltemperierte Klavier BWV 846-893</name></title> von Sebastian Bach und liebt beide mit Enthusiasmus. In Bern spielte ich die <placeName xml:id="placeName_6e56f873-47ba-4bf1-929a-231dd36f9da2">Orgel im Münster<name key="SGH0100705" style="hidden" subtype="" type="sight">St. Vinzenz von Saragossa (Münster)</name><settlement key="STM0100209" style="hidden" type="">Bern</settlement><country style="hidden">Schweiz</country></placeName>, welche recht großartig ist, sie hat 53 Stimmen, mehreremal 16 Fuß im Manual, einmal 32 Fuß im Pedal und 8 Bälge, die jedoch leck sind, worüber die arme Orgel öfters seufzt, auch schnarren zwei Pfeifen von Prinzipal 16 F mörderlich gegen einander. – In Bulle, einer kleinen Stadt im Kanton Freiburg, fand ich eine <placeName xml:id="placeName_51454959-6b7a-4d28-ad96-8fc717b6c622">vortreffliche Orgel<name key="SGH0100212" style="hidden" subtype="" type="sight">St.-Pierre-aux-Liens</name><settlement key="STM0100211" style="hidden" type="">Bulle</settlement><country style="hidden">Schweiz</country></placeName>, die sehr wohl im Stande ist. Sie hat ungefähr 28 Stimmen, 2 Klaviere, und ich fand nur einen Fehler, nämlich das Pedal geht nur bis zum hohen a, und h und c fehlen ihm ganz, so daß man nichts von <persName xml:id="persName_778ad58a-00d2-485a-9c16-e132a9876e53">Bach<name key="PSN0109617" style="hidden">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name></persName> darauf spielen kann. Alle Stimmen gingen, das Werk ist sehr gut im Stande, weil <persName xml:id="persName_15f0ca61-bd8a-4be9-968d-03f3765bb188">Aloys Moser<name key="PSN0113415" style="hidden">Mooser, Aloys (1770-1839)</name></persName>, der sie gebaut hat, in Bulle ist. <placeName xml:id="placeName_147da86a-6758-416c-9f4d-7d2d726109a6">Der Mann, der kürzlich in Genf sein 64. Werk<name key="SGH0100213" style="hidden" subtype="" type="sight">Temple de la Madeleine</name><settlement key="STM0100138" style="hidden" type="">Genf</settlement><country style="hidden">Schweiz</country></placeName> vollendet hat, trägt sich ganz wie ein Bauer, mit seinem schlichten grauen Rocke und seinen großen Schuhen. Besonders schön sind die sanften Stimmen und das ganze volle Werk. </p> <p>Wir werden heute noch nach Ferney fahren, wo <persName xml:id="persName_b1bac798-f675-4df0-b828-1d2e27120104">Voltaire<name key="PSN0115559" style="hidden">Voltaire (eigtl. François Marie Arouet) (1694-1778)</name></persName> gehaust hat, <seg type="closer">ich schließe also, ohne <persName xml:id="persName_45666459-611f-4068-aa12-25ab16092772">Herrn Heysens<name key="PSN0111970" style="hidden">Heyse, Carl Wilhelm Ludwig (1797-1855)</name></persName> Gruß zu vergessen, den er mir aufgetragen hat.</seg></p> <signed rend="right">Felix Mendelssohn.</signed> </div> </body> </text></TEI>